„Exodus“ vs. „Die Zehn Gebote“ – Die kleine Filmanalyse zum Osterprogramm

Moses teilt das Meer im Jahr 1956.
Moses teilt das Meer im Jahr 1956.

Noch zuverlässiger als Hase und Eier kommt zu Ostern die TV-Wiederholung des Bibel-Klassikers „Die Zehn Gebote“. Eine gute Gelegenheit, um sich einmal mit Ridley Scotts neuester Adaption des Moses-Stoffes auseinanderzusetzen – „Exodus – Götter und Könige“. Die hat nicht nur einen seltsamen Titel (warum ist von Göttern die Rede, wo es hier doch eindeutig um die spektakuläre Solo-Show eines monotheistischen Gottes geht), sondern lief skandalöserweise an Weihnachten im Kino.

Ein Pferd teilt das Meer im Jahr 2014.
Ein Pferd teilt das Meer im Jahr 2014.

Die einzig auffällige Gemeinsamkeit, die der Klassiker mit Charlton Heston und Scotts Umsetzung  mit Christian Bale haben, ist die Bildgewalt. In beiden Filmen türmt sich das Rote Meer zu einer eindrucksvollen Wasserwand auf, die die technischen Möglichkeiten der jeweiligen Zeit ausreizt. Der Klassiker schillert in knackigem Technicolor, die Neuinterpretation ist zeitgemäß farbentsättigt. Der für Scotts Version fatale Unterschied ist aber, dass in den „Zehn Geboten“ die Erzählhaltung klar ist, in „Exodus“ aber nicht. Der Bildgewalt entsprechend erzählt Regisseur Cecil B. de Mille in „Die Zehn Gebote“ ein Bibelmärchen, das dem komplexen mythologischen Kern des Zweiten Buchs Mose zwar nicht gerecht wird, aber das eine stimmige Symphonie aus Pathos, Gottesfurcht und Historien-Schwelgerei schafft, von der man sich an einem Osternachmittag wunderbar einlullen lassen kann.

Weiterlesen „„Exodus“ vs. „Die Zehn Gebote“ – Die kleine Filmanalyse zum Osterprogramm“

Slapstick, Kunst und Videogames

Letztes Jahr habe ich mich mit den lustigsten Menschen der Welt beschäftigen dürfen. „Slapstick! Die Kunst des Scheiterns“ analysiert, wie sich das Filmgenre Slapstick nach dem Untergang des Stummfilms weiterentwickelt hat.

Ich durfte für den Film von Henrike Sandner, der am Mittwoch um 21.55 Uhr auf Arte zu sehen ist, nicht nur am Konzept mitarbeiten und Recherchen machen, sondern auch den Medienwissenschaftler Gundolf S. Freyermuth interviewen. Im Gespräch, das im Cologne Game Lab aufgezeichnet wurde, erklärt er, was Slapstick und Videospiele gemeinsam haben und dass Games gerade erst ihre eigene Stummfilm-Ära verlassen.

Das Interview hat es leider nicht in den Film geschafft, aber ich habe es mit ein paar Bildern angereichert und eine Mini-Doku daraus gemacht. (In dem Film sind drei Stars aus den Super-Mario-Spielen zu sehen. Wer mir sagt, welche drei es sind, bekommt einen Preis.)

Interview mit Gundolf S. Freyermuth über Filme, Games und Slapstick from BROADVIEW TV on Vimeo.

Kinotagebuch: Interstellar

Interstellar

Interstellar, USA, 2014

Regie: Christopher Nolan

mit Matthew McConaughey, Anne Hathaway, Jessica Chastain

Gesehen am 16. November 2014 um 18.15 Uhr im Cinedom. Mit Ex-Kollegen und der Freundin, die diesmal leider nicht neben mir saß, weswegen sie auf Live-Filmanalyse ins rechte Ohr verzichten musste

Ich mochte bisher alle Christopher Nolan-Filme. In einem älteren Blogeintrag habe ich ihn – in Bezug auf seinen Film Inception – einmal als den Filmemacher des Jahrzehnts bezeichnet. Ich meinte damals, dass er die großen Themen der Zeit raffiniert popkulturell aufarbeitet.

Nolans Filme sind Thesenfilme, die sehr clever durchdacht und recherchiert sind. Sie sind inhaltlich nicht unbedingt immer logisch, während sie sich an ihren Thesen abarbeiten, sind aber emotional so dicht und dramaturgisch so präzise, dass die Logiklücken normalerweise nicht stören und brillante Filme wie The Dark Knight oder Inception entstehen.

Auch Interstellar ist ein Thesenfilm. Doch an emotionaler Dichte fehlt es diesmal. Die Charaktere tun nur, was der Plot (ein Mann muss durchs All reisen und einen neuen Planeten für die vom Aussterben bedrohte Menschheit finden) von ihnen verlangt. Ich hatte nie das Gefühl, dass sich die Story aus den Charakteren heraus entwickelt sondern dass es sich bei Interstellar um eine reine Kopfgeburt handelt, von der man sich überwältigen lassen kann, bei der es mir aber sehr schwer fiel emotional anzudocken.

Das hat Auswirkungen auf die dramaturgische Präzision. Ab der Hälfte verliert der Film seine Hauptfigur und ihre (emotionale) Reise aus den Augen und zerfasert in verschiedene B-Plots. Deren Handlungen dienen am Ende weniger der Emotion als der Beweisführung der These des Films, die etwas mit der Fünf-Dimensionalität im dreidimensionalen Raum zu tun hat und wie Gravitation beide Ebenen miteinander verbindet.

Interstellar sieht fantastisch aus und hat einen tollen Plot, kann mich aber dramaturgisch und emotional leider nicht so sehr überzeugen wie es die anderen Nolan-Filme konnten. Es ist daher der Nolan-Film, den ich am wenigsten mag. Die Kritiken zu Interstellar sind fantastisch. Bei The Dark Knight Rises war es genau umgekehrt: Den Film mochte ich und die Kritiken waren größtenteils furchtbar. Vielleicht sehe ich Nolan-Filme in anderen Dimensionen als die Kritiker. (Eventuell schreibt mir jemand von ihnen erhellende Botschaften in den Staub, die mir helfen, Interstellar zu mögen.)

„Mankind was born on Earth. It was never meant to die here.“

Im Weltall hört Dich niemand schreien

Halloween! Zeit, um sich wieder mit einem Horror-Meisterwerk der Filmgeschichte zu beschäftigen. Da ich in diesem Jahr leider keine Zeit habe, eine so ausgiebige Filmanalyse zu machen wie im letzten Jahr über Kubricks The Shining, werde ich mich heute auf die Analyse eines Trailers beschränken.

In meinem Seminar „Das Herz der Story“ ergründe ich mit den Studenten, dass emotional packende Filme immer Reisen zu den Ängsten und Sehnsüchten der Hauptfiguren sind. Und damit natürlich auch zu unseren eigenen Sehnsüchten und Ängsten. Ridley Scott hat dies in seinem Meisterwerk „Alien“ perfekt verstanden. Der Film ist – trotz des Titels – kein Film über ein Alien sondern über die „Angst vor dem Unbekannten“. Der Titel „Alien“ steht somit weniger für das Alien im Sinne von „Außerirdisches Wesen“ sondern eher für „Das Fremde, das im Dunkeln lauert“ (und das uns nicht nur überfällt sondern außerdem noch durch den Mund befruchtet… Das Alien ist der widerwärtigste Triebtäter, der vorstellbar ist…).

Auch im Marketing des Films wurde verstanden, dass es um die Angst vor dem Monster und nicht um das Monster selbst geht. Legendär ist der Slogan „Im Weltall hört Dich niemand schreien“ geworden. Und der Trailer zum Film ist ein Kurzfilm-Meisterwerk. Eine kleine Ode an die Angst, in der das Alien nicht einen Frame lang zu sehen ist, wir aber trotzdem seine Präsenz spüren.

0,2 ausgetrunken

Nullkommazwei

Dies ist der Header meines alten Blogs, den ich geschlossen habe, nur um auf dieser neuen Webseite weiterzumachen. Ob es ein gutes Zeichen ist, dass hier statt eines Superhelden ein roter Bart und eine Brille zu sehen sind? (Der wunderbare Piwi hat mich zu einem Icon gemacht. Als ich es sah, fühlte ich mich ein wenig wie Alfred Hitchcock auf den ???-Büchern. Dafür bin ich Piwi ewig dankbar.)

Im alten 0,2-Blog habe ich nie erklärt, warum das Blog 0,2 hieß. Es wollte zwar auch nie jemand wissen, doch zur Beerdigung der Seite erzähle ich die Geschichte trotzdem. Als ich 2009 Volontär bei der Kölnischen Rundschau war – das war noch bevor das iPad auf dem Markt kam! Also zwar erst fünf Jahre her, aber gefühlt trotzdem kurz nach Erfindung des Farb-Fernsehers – wollten ein paar Kollegen und ich ein Blog machen. Der überengagierte Plan: Wir wollten Geschichten über Köln veröffentlichen, die in der Zeitung keinen Platz hatten. Und da 0,2 gleichzeitig die Größe eine Kölsch-Glases ist und außerdem Web 2.0 (beinahe) rückwärts gelesen, fanden wir den Titel so großartig, dass wir unser Blog dann doch lieber Rotaufweiß nannten.

Mit gefiel 0,2 trotzdem immer besser. Und nachdem Rotaufweiß kurz nach Markteinführung des iPads schon wieder eingestellt wurde, nannte ich mein eigenes Blog trotzig 0,2, obwohl dort mehr Film- als Köln-Nachrichten veröffentlicht wurden. Im Endeffekt machte der Blog-Titel also keinen Sinn. Diese Webseite heißt „Christoph Mathieu“. Das ist zwar nicht originell, aber zumindest sinnvoll.

Hier habe ich Filmanalysen zusammengetragen, die auf 0,2 veröffentlicht wurden. Weitere folgen an dieser Stelle.